In aller Frühe verabschiedeten wir uns von Hover Jonny, der offensichtlich auch eine ruhige Nacht gehabt hatte, denn er erklärte uns, dass er mit Beenden der Wächterschicht bis 16h irgendeiner anderen Tätigkeit im Krankenhaus nachgehen würde.
Wir starteten hoch motiviert und den Asphalt bewundernd Richtung Osten die “7” entlang. An das Hupen aller Fahrzeuge hatten wir uns schnell gewöhnt und verstanden, dass das in Nicaragua wohl eher ein Gruß als ein Beiseite-Scheuchen ist.
Nach den ersten zwanzig Kilometern wurden wir merklich ruhiger, was wir auf den sinkenden Blutzuckerspiegel zurückführten. Ein kurzer Stopp am Melonenstand verschaffte Abhilfe. Gierig verschlangen wir eine komplette Melone, während Anika gutmütig die üblichen Fragen beantwortete: Wir kommen aus Deutschland. Nein, wir sind nicht mit dem Rad her gefahren, sondern mit dem Flugzeug angereist. Ja, den Bus nach El Rama kennen wir. Nein, wir sind nicht verheiratet und haben die Kinder nicht vergessen, sondern tatsächlich noch nicht in die Welt gesetzt. ??
Die Rast war gut und wichtig, denn schon bald bemerken wir, dass Nicaragua im Landesinneren durchaus bergig ist.
Nach einem Stopp in Juigalpa zum Vorräte (Sonnencreme!!) erneuern und Bargeld abheben, radelten wir noch einige Kilometer bevor uns die Mittagssonne zur Siesta in ein Freibad schickte. Unter interessierten Blicken versuchten wir unter einer Dusche uns und unsere Klamotten zu reinigen, was sich allerdings bei dem Wasserrinnsal als Herausforderung darstellte. Irgendwann hatte ein Angestellter offensichtlich Mitleid und erklärte uns: “Wenn ihr Wasser für… Was auch immer!? …braucht: es gibt auch ein Waschbecken!” Gut. Überzeugt. Nach kurzer Wäsche unter dem Hahn gab es einen Sprung in das erstaunlich erfrischende Schwimmbecken, bevor wir im Schatten zufrieden eindösten…
Nachdem Anika eine Rutsche getestet und die Sonne langsam nicht mehr senkrecht über uns stand, radelten wir wieder los. Wir bezwangen einen Berg nach dem anderen. Da langsam wirklich jeder Einheimische den Kopf schüttelte, als wir erzählten, dass wir auf dem Weg nach El Rama seien und man uns mehrfach vor einem Berg vor Santo Tomás gewarnt hatte, waren wir uns im Klaren, dass es jetzt wohl wirklich anstrengend werden würde. Und so war es auch. Anika, auch noch durch ihre (komischerweise!? ?) nicht besser werdenden Erkältung gebeuteltet, sagte immer wieder: “Jetzt müssen wir eine Pause im nächsten Schatten machen!” um dort angekommen, dann doch: “Gut, um die nächste Kurve noch.” zu rufen. So kämpften wir uns tapfer bis kurz vor Santo Tomās vor.
Schon mit Blick auf die Stadt wurde dann endlich eine Trinkpause eingelegt. Um meinen Kopf flog eine Biene (oder sowas in der Art), die sich dann aber natürlich dazu entschied, die sowieso schon ledierte Anika zu stechen. Wirkliche Schwesternliebe hab ich meiner Meinung nach bewiesen, als ich nach mehrstündiger, schweißtreibender Radtour aus ihrem achselnahen Stich erst ein Stachel gepult und dann irgendein Gift gesaugt habe ?. Wenigstens behält der Arm seit dem einen normalen Umfang und der Stich ist laut Anika “ganz in Ordnung” ;).
In Santo Tomās füllten wir unsere Mägen mal wieder mit irgendeinem Huhn, erwarben noch eine frische Tortilla zum Nachtisch und fuhren dann die letzten der heutigen 90 Kilometer durch seichte Hügel nach Nacascolo.
Dort bezogen wir das Hotel Santa Clara, das leicht schimmelt und 5 Dollar extra für die Klimaanlage berechnet, die die Lautstärke eines Güterbahnhofs hat ?. Aber immerhin gab es eine Dusche und ein Bett. Die Laune kann uns zurzeit sowieso niemand verderben. ☺
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